Die Römer im Nahetal und Hunsrück
Nach der Eroberung Galliens durch Cäsar (58-51 v. Chr.), die mit vernichtenden
Niederlagen der
Kelten
einherging, waren weite Teile Europas über fast 5 Jahrhunderte als römisches
Imperium unter der "Pax Romana" (römischer Frieden) vereinigt mit einheitlichem
Währungs- und Verwaltungssystem. Der zivilisatorische und kulturelle Einfluss
Roms mit seiner fortgeschrittenen Technik, seinem hohen Organisationsgrad und
seiner hochentwickelten Schrift hat dabei das westliche Abendland tiefgreifend
und nachhaltig verändert. Wie rasch dieser Romanisierungsprozess schon bald
nach dem Sieg Cäsars ablief, lässt sich zum Beispiel an den Gräberfeldern
der keltischen
Treverer
im Hunsrück gut verfolgen. Die neu gegründeten römischen Städte und Dörfer taten
ein Übriges, auch wenn die erdrückenden Steuerlasten der Römer mehrfach zu
Aufständen führten.
Die Ansiedlung von römischen Veteranen geschah systematisch und sollte die
Versorgung von Militärpersonal und Zivilbevölkerung sicherstellen. Die
vorherrschende ländliche Besiedlungsform war das Einzelgehöft (lateinisch: villa
rustica), dessen Größe variierte und das meist mit einer Mauer umgeben war. Ein
solches Gehöft umfasste in der Regel ein Hauptgebäude als Wohnhaus, eine Badeanlage
und diverse Nebengebäude mit Wirtschaftsfunktionen. Neben Landwirtschaft und
Viehhaltung wurden auch handwerkliche Tätigkeiten (Metall- und Holzverarbeitung)
ausgeübt. Mit der prosperierenden Wirtschaft entstanden überall im Lande
Töpferei- und Keramikbetriebe an verkehrsgünstigen Punkten mit reichen
Tonlagerstätten ("Terra-Sigillata-Manufakturen"), so beispielsweise südlich des
Nahetals bei Germersheim in der Pfalz. Mittelpunkt der Städte war das Forum in
dessen Nebenräumen die Händler ihre Verkaufsläden hatten (lateinisch: tabernae).
Bildung und Schule
Obwohl die
Kelten der Latène-Zeit
die Schrift kannten (griechisches Alphabet), haben erst die Römer die Verwendung
der Schrift (lateinisches Alphabet) im großen Stile zu einem wesentlichen
Bestandteil des Alltagslebens gemacht. In der Folge war nicht mehr ausschließlich
die Oberschicht des Lesens und Schreibens kundig, sondern auch die Mehrzahl der
Händler, Handwerker, Soldaten, Gutsbesitzer und sogar der Sklaven. Erst hierdurch
konnte der tägliche Verkehr mit lokalen und staatlichen Einrichtungen und
Verwaltungen reibungslos bewältigt werden.
Regelmäßiger Schulbesuch gehörte zum Alltag der Kinder, während privater Unterricht
der Oberschicht vorbehalten war. Jeder halbwegs wohlhabende Bürger wird vermutlich
auch eine kleine Privatbibliothek mit den damaligen "Klassikern" besessen haben,
wie archäologische Funde nahe legen. Darüber hinaus dürften in großen Städten wie
Trier auch öffentliche Bibliotheken existiert haben. An all dem lässt sich
ablesen, dass für den Zusammenhalt des römischen Imperiums eine gleichartige und
gleichmäßig hohe Bildung von entscheidender Bedeutung war. Ein Relief, das in
Neumagen (lateinisch: Noviomagus) an der Mosel gefunden wurde, zeigt eine Unterichtsszene
und unterstreicht damit die große Bedeutung, die der Schulbildung im römischen Imperium
beigemessen wurde. Neumagen ist direkt an der alten Römerstraße
"Via Ausonia"
gelegen, die über den Hunsrück von Mainz über
Bingen nach
Trier führte.
Römische Badeanlagen
Das Badewesen, von den Griechen im 3. Jahrhundert v. Chr. übernommen, entwickelte
sich in der Folgezeit zu einem Inbegriff römischer Lebensart und Kultur: keine
Garnison und keine Siedlung ohne öffentliche Thermengebäude, kein römischer Gutshof,
der nicht mindestens 2 Baderäume gehabt hätte. Neben hygienischen Bedürfnissen
lagen dem Badewesen auch medizinische Aspekte zugrunde. Davon zeugen die vielen
Kurbäder, die meist in der Umgebung von Legionsstandorten entstanden, aber auch für
die medizinische Versorgung der zivilen Bevölkerung offen standen.
Der Badevorgang bestand aus mehreren Phasen der Erwärmung, Erhitzung und Abkühlung
des Körpers. Alle Badeeinrichtungen wiesen deshalb das gleiche Raumprogramm auf:
(1) im Auskleideraum (lateinisch: apodyterium) entledigte man sich der Kleidung,
(2) im Kaltbaderaum (lateinisch: frigidarium) reinigte man sich von Staub und
Schmutz, (3) im Aufwärmeraum (lateinisch: tepidarium) wärmte man sich auf, wurde
eingeölt und massiert; häufig gab es dort auch Sitzbacken mit erwärmtem Wasser, (4)
im Schwitzbad (lateinisch: caldarium) herrschte eine Temperatur von über 50 Grad;
danach ging es wieder in den Kaltbaderaum, wo man im Kaltwasserbecken den erhitzten Körper
abschreckte. Wenn vorhanden, wurde anschließend noch das Schwimmbad (lateinisch:
piscina) aufgesucht.
Der Badevorgang begann am Nachmittag, dauerte bis zu 2 Stunden und wurde individuell
variiert. Die Badeanlagen waren deshalb nicht nur ein Ort der Muße, Erholung,
Gesundheit und Körperertüchtigung, sondern auch Zentren des politischen und
gesellschaftlichen Lebens, wo sich die reiche Oberschicht für abendliche Gastmähler
verabredeten und Gesellschaften arrangierten. Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt
eines Mosaikfußbodens einer römischen Luxusvilla aus der Mitte des 2. Jahrhunderts
n. Chr., die bei
Bad Kreuznach
(lateinisch: Cruciniacum) ausgegraben wurde. Das Mosaik zeigt den Meeresgott
Oceanus, Meerestiere, Schiffe und Hafenszenen.
Weinanbau
Im Nahetal und in der Hunsrückregion finden sich Zeugnisse schon aus keltischer Zeit
für den Import von Wein aus dem Mittelmeerraum. Dies im Zusammenhang
mit dem Rohstoffhandel von Kupfer, Zinn und Eisen durch die Etrusker von Vulci, die in der
Hallstattzeit (800-475 v. Chr.; so genannt nach dem wichtigsten archäologischen
Fundort Hallstatt am Hallstätter See, Österreich) den "europäischen" Rohstoffhandel
stark intensiviert und ausgebaut hatten. Mit der römischen Eroberung und der Übernahme
mediterraner Ernährungsweisen kam dem Weinhandel eine immer größer werdende Bedeutung
zu. Der
Weinanbau
spielte aufgrund gesetzlicher Beschränkungen jedoch als eigenständiger Wirtschaftszweig
bis zum 3. Jahrhundert n. Chr. keine besondere Rolle. Die eigentliche Entwicklung des
Weinanbaus begann im Moseltal mit einem Dekret des römischen Kaisers Probus (278-280 n.
Chr.), in welchem er den Anbau von Wein generell erlaubte.
Germanenkriege
Nach der Okkupation ganz Galliens durch Cäsar (51 v. Chr.) und der systematischen
Erschließung der Gebiete westlich des Rheins und deren Konsolidierung, folgte unter
Drusus (12-9 v. Chr.) die Eroberung rechtsrheinischer Gebiete bis hin zur Elbe.
Durch die darauf einsetzenden ständigen Scharmützel mit den dort ansässigen Germanen
und die für die römischen Legionen vernichtende Niederlage in der Varus-Schlacht,
wurde der Rhein jedoch defacto wieder zur römischen Staatsgrenze (7-9 n. Chr.).
Erst unter Kaiser Vespasian (69-79 n. Chr.) begann die Landnahme östlich des Rheins
erneut in größerem Umfange und es entstanden die Provinzen Germania Superior
und Germania Inferior in den Jahren 83-85 n. Chr. mit den Hauptstädten
Mainz und Köln.
Wegen der beständigen Gefährdung durch Einfälle der
umliegenden Germanenstämme in die eroberten Gebiete errichteten die Römer während
der Regierungszeit Traians (98-117 n. Chr.) eine Grenzbefestigungsanlage mit
Wachtürmen und Kastellen in regelmäßigen Abständen —genannt der Limes. Der
endgültige Ausbau auf einer Linie Eining nördlich von Neustadt an der Donau,
Gunzenhausen, Dinkelsbühl, Böbingen östlich von Schwäbisch
Gemünd, Jagsthausen, Miltenberg am Main, Groß-Krotzenburg bei
Hanau, Arnsburg südlich von Giessen, Butzbach, Großer Feldberg
im Taunus, Arzbach bei Bad Ems, Niederbiber bei Neuwied, und Bad
Hönningen bei Linz am Rhein, wurde um das Jahr 150 n. Chr. abgeschlossen.
Die verlustreichen Markomannenkriege gegen Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. bildeten
dann einen ersten Höhepunkt in der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen
Römern und Germanen. Auf der Suche nach Land und Beute drangen germanische Stämme
mit Beginn des 3. Jahrhunderts vermehrt in römisches Reichsgebiet vor. Durch
Truppenabzüge der Römer für Abwehrkriege gegen die Perser verschlechterte sich
die Sicherheitslage in den rechtsrheinischen Gebieten um das Jahr 250 n. Chr.
dramatisch. Die unter Diocletian durchgeführte Neuorganisation der Provinzen um
297 n. Chr. berücksichtigt das ehemalige Limesgebiet nicht mehr. Alamannen und
Franken stießen beständig auf das Reichsgebiet vor. Erst in der Mitte des 4.
Jahrhunderts n. Chr. unter Valentinian I. (364-375 n. Chr.) gewann das
Verteidigungssystem der Provinz wieder feste Formen mit dem Ausbau der Rheinlinie.
Das Ende der römischen Herrschaft im 5. Jahrhundert n. Chr. wurde durch eine
stete Zuwanderung von Germanen eingeleitet. Dabei wurde die romanische Bevölkerung
aber nicht verjagt oder ausgerottet, sondern ging schließlich durch allmähliche
Assimilation in der mengenmäßig überlegenen germanischen Bevölkerung unter. Die
städtischen Siedlungen wurden in der Regel weiter benutzt, das Wirtschaftssystem
der villa rustica endete jedoch mit einer scharfen Zäsur.
Ausgewählte Eckdaten
58-51 v. Chr. | Cäsar erobert Gallien mit dem Rhein als Grenze |
17 v. Chr. | Trier wird gegründet |
13 v. Chr. | Mainz (Moguntiacum) wird Garnisonsstadt |
12-9 v. Chr. | Drusus unterwirft Germanen bis hin zur Elbe |
7-9 n. Chr. | römische Legionen werden in der Varus-Schlacht
aufgerieben, der Rhein wird wieder Staatsgrenze |
73-74 n. Chr. | erneute Eroberung rechtsrheinischer Gebiete unter
Vespasian |
83-85 n. Chr. | die Provinzen Germania Superior und Germania
Inferior mit den Hauptstädten Mainz und Köln entstehen |
um 100-110 n. Chr. | Bau des Odenwald-Neckar Limes unter Traian |
um 150 n. Chr. | die letzte Ausbaustufe des Limes ist beendet |
212 n. Chr. | Constitutio Antoniana: römisches Bürgerrecht für
alle Provinzbewohner |
213-486 n. Chr. | beständige Kriege gegen Franken und Alamannen |
259-273 n. Chr. | gallisches Sonderreich mit der Hauptstadt Köln, ab
271 Trier |
260 n. Chr. | Fall des Limes |
um 275 n. Chr. | Franken überfallen das Nahegebiet und brennen die
römische Luxusvilla in Bad Kreuznach nieder |
392 n. Chr. | das Christentum wird Staatsreligion |
406 n. Chr. | Vandalen, Alanen und Sueben überschreiten den Rhein
und verwüsten Gallien |
451 n. Chr. | Schlacht auf den Katalaunischen Feldern gegen die
Hunnen |
455-459 n. Chr. | die Franken erobern Köln |
479 n. Chr. | Trier wird fränkisch |
486 n. Chr. | der Frankenkönig Childerich besiegt den letzten
Repräsentanten römischer Macht in Gallien |