Kastellaun im Hunsrück
Aus welcher Richtung man sich Kastellaun auch nähert, man ist
immer wieder beeindruckt von den Ruinen seiner Burg, die
weithin sichtbar die Stadt überragen. Der Standort dieser Burg
aus dem 13. Jahrhundert ist topographisch gesehen optimal, liegt
sie doch auf einem Felssporn, der in Ost- und Westrichtung mit
einer Höhe von bis zu 30 m steil abfällt. Der besondere Schutz,
den diese Lage im Mittelalter bot, wird erst richtig deutlich,
wenn man am Fuße der steilen Felsen steht und zur
Festungsanlage hinaufschaut, oder auf dem Felsplateau stehend
den Blick über die Stadt schweifen lässt. Mächtige Mauern
sperrten im Verbund mit dem Bergfried die Nordseite ab —alles
in allem eine typische mittelalterliche Burganlage mit Palas
(Wohngebäude mit großem Saal und beheizbaren Kemenaten im
Obergeschoss), Nebengebäuden und Burghof. Hier residierten
seit 1301 die Grafen von
Sponheim
("Hintere" Grafschaft), die
mit den Orten
Kirchberg,
Gemünden,
Koppenstein und Kastellaun
ein relativ geschlossenes Gebiet im mittleren Hunsrück
arrondiert hatten, um damit die Verbindung zwischen ihrem
Besitz an der Nahe und an der Mosel zu sichern. Im Jahre 1305
verlieh Graf Simon II. von Sponheim dem in der Talmulde
vorgelagerten Ort die Stadtrechte und förderte auf diese Weise
die wirtschaftliche Entwicklung der an zentraler Lage auf der
Hunsrückhochebene und am Schnittpunkt wichtiger
Verkehrswege liegenden mittelalterlichen Stadt derart
nachhaltig, dass Kaiser Heinrich I. kurze Zeit später auch das
Recht für Wochenmärkte gewährte. Der hier ab dem Jahre 1309
stattfindende Wochenmarkt festigte rasch die wirtschaftliche
Bedeutung Kastellauns und der umliegenden Region. Dies wird
besonders deutlich in einer historischen Ansicht von Kastellaun
von Daniel Meisner aus dem Jahre 1645, welche zusammen mit
einem Stich von Merian auch als Grundlage für die
Restaurierung der Burg in den 1990er Jahren diente.
In den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens stand bei der
Burganlage ganz eindeutig die militärische Bedeutung im
Vordergrund, denn für die Grafen von Sponheim galt es, ihren
Besitz nicht nur gegen die expansive Politik des Trierer
Kurstaates unter Erzbischof Balduin von Luxemburg (1307-1354)
zu behaupten, sondern auch ein Gegengewicht aufzubauen
gegen das Bestreben der Pfalzgrafen aus der Kurpfalz, sich im
benachbarten Simmern eine Machtposition zu schaffen. Später
wurde die Burganlage umgebaut zum Verwaltungssitz des
Amtes Kastellaun, zum komfortablen Wohnsitz der
Fürstenfamilie und zum beliebten Treffpunkt für
Jagdgesellschaften. Im Jahre 1689 wurde die Burg durch
französische Truppen zerstört und hernach nicht wieder
aufgebaut, obwohl einzelne Gebäude weiter genutzt werden
konnten. Eindrücklich ist bis heute die bauliche Verflechtung
von Stadt, Unterburg und Oberburg. Somit erstaunt die
Wiederverleihung der Stadtrechte im Jahre 1969 durch die
rheinland-pfälzische Landesregierung nicht. Und an die große
Tradition hintersponheimischer Märkte erinnert alljährlich im
Juli der "Beller Markt".
Nicht weit von Kastellaun entfernt liegt die Burgruine
Balduinseck
sehr versteckt auf dem Grund eines tief
eingeschnittenen, engen Tales. Das mächtige Bauwerk wurde im Jahre 1325
von Erzbischof Balduin von Trier als Grenzfeste gegen die Grafschaft Sponheim
errichtet. Eine ähnliche Funktion hatte auch die Rauschenburg aus dem Jahre
1332 wenige Kilometer weiter nördlich bei Mermuth oberhalb der Ehrbachklamm.
Anders als die meisten Burgen der Region wurde Balduinseck niemals durch feindliche
Truppen zerstört, sondern verfiel von selber, nachdem sie keine Funktion mehr hatte und
aufgegeben worden war.