Forstwirtschaft
Der Wald bedeckte einstmals nicht nur die weite Mittelgebirgslandschaft
des Hunsrücks, sondern zeitweise auch den gesamten Naheraum
einschließlich der Flussauen. In den höchsten Lagen wuchs vor allem
Buchenwald, unter 400 m Meereshöhe dominierte die Eiche unter den
Laubbaumarten. Beigemischt waren Ahorn, Esche, Birke, Mehlbeere und
in den feuchten Gebieten direkt am Wasser Erle und Weide. Mit dem
Ende der Raubbauwirtschaft vor etwa 160 Jahren wurden systematisch
ertragreichere Baumarten eingeführt, vor allem die Fichte. Dort wo im
Naheraum jedoch das trockenwarme Weinbauklima vorherrscht, sind
der Fichte von den Standortansprüchen her natürliche Grenzen gesetzt.
Im Nahetal selbst und in den meisten Seitentälern der Nahe mit ihren
Steilhängen spielte bis vor 60 Jahren der Niederwald eine wichtige Rolle.
Bei dieser Art der Waldbewirtschaftung wurden Eichen jeweils im Alter
von 20 Jahren geschlagen, wobei aus den Stöcken der geschlagenen
Bäume rasch wieder Schösslinge austrieben, die den Nachfolgebestand
sicherten. Verwertet wurde die gerbstoffhaltige Lohrinde als Grundlage
für die Lederherstellung mit ihrem Zentrum in Kirn, während das
geschälte und getrocknete Holz als Brennholz begehrt war.
Die heutige "naturgemäße Waldwirtschaft" strebt einen Waldaufbau an,
der baumartengemischt, höhenabhängig und nicht gleichaltrig ist. Dabei
sollen seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten nicht nur erhalten,
sondern durch gezielte Wiederansiedlungen auch nachhaltig gefördert
werden. Die früher so häufigen "Kahlschläge" ganzer Waldabschnitte
gehören damit endgültig der Vergangenheit an und haben stattdessen
einer Verjüngung der Bestände aus natürlicher Ansamung im
schützenden und formenden Halbschatten des Mischwaldes Platz
gemacht. Die Nutzung des Waldes ("Ernte") erfolgt nach
Zieldurchmesser des Einzelbaumes, wobei auf den Einsatz chemischer
Pflanzenschutzmittel weitgehend verzichtet wird, ausgenommen sind
lediglich die für die wirtschaftliche Nutzung notwendigen
Holzschutzmaßnahmen. Gemäß dieses neuen, auf nachhaltige
Bewirtschaftung ausgelegten Konzeptes steht Totholz am Ende und am
Anfang (fast) jeden Lebens im Walde. Stirbt ein Baum, so zieht neues
Leben in ihn ein, denn auf Totholz haben sich Hunderte von Käfern,
Pilzen, Flechten, Moosen, Farnen, Spinnen, Asseln, Schnecken sowie
zahlreiche Vögel und Säugetiere richtiggehend spezialisiert. Tatsächlich
sind in den Totholzmassen naturbelassener Wälder große
Nährstoffmengen gebunden, die durch die Zersetzungstätigkeit der
unterschiedlichen Totholzbewohner fast vollständig in den Waldboden
zurückfließen. Ein Mangel an Totholz bedeutet demzufolge
Lebensraum- und Nahrungsverlust für seine Bewohner und letztlich
auch eine Verarmung des Waldbodens. Heute werden deshalb diese
"Urwaldrelikte" von den Forstverwaltungen als artenreicher Lebensraum
zunehmend gefördert. Im Gegensatz zum "aufgeräumten"
Wirtschaftswald beherbergen sogenannte "Naturwälder" 50 - 300
Kubikmeter liegendes und stehendes Totholz je Hektar. Mit anderen
Worten, eine zunehmend intaktere Umwelt für die Lebensgemeinschaft
"Wald" und erholungssuchende Menschen.
Seit Jahrhunderten wurden im Nahegebiet Tierfelle von Loh- und Rotgerbern
gegerbt und zu Leder verarbeitet. Daraus entstand beispielsweise in
Kirn
eine bis in jüngste Zeit bedeutende Lederindustrie. Als Gerbmittel benutzten die
Gerber die gemahlene Eichenrinde, die Lohe. Sie wurde von den 12- bis 18-jährigen
Eichenbäumen gewonnen, indem man die Rinde von Stamm und Ästen mit dem Loheisen
abschälte. Die getrockneten Rindenschalen wurden dann in den Lohmühlen zu feinem
Mehl gemahlen. Die eigentliche Gerbung der Tierhäute erfolgte in einer Grube. Auf
ihrem Boden streute der Gerber zuerst eine Schicht Lohe, das "Lohbett", und
breitete darauf eine Schicht gereinigter und enthaarter Tierhäute ("Blöße") aus.
Darüber kamen abwechselnd neue Schichten von Lohe und Tierhäuten bis die Grube
gefüllt war. Auf die oberste Schicht legte der Gerber Bretter, die er mit schweren
Steinen beschwerte. Zum Schluss "tränkte" er die Grube ab, indem er Wasser
zulaufen ließ. Nach zwei bis drei Monaten waren die Gerbstoffe völlig in die Häute
eingedrungen und der Vorgang wurde solange wiederholt, bis das fertige Leder
"satt" gegerbt war. Das mit Eichenlohe gegerbte Leder hatte eine braun-rote
Farbe, auf die die Bezeichnung "Rotgerber" zurückgeht. In Kirn gab es eine
Rotgerberzunft, deren Zunftordnung aus dem Jahre 1612 erhalten geblieben ist.