Bad Münster am Stein
Kein Album der Nahe, kein heimatkundlicher Kalender ohne den
Rheingrafenstein! Und das zu Recht, denn welche andere Landschaft
hätte ein derart markantes Symbol aufzuweisen wie Bad Münster am
Stein mit dem Rheingrafenstein? An dieser felsenreichen Engstelle hat
sich die Nahe im Laufe der Jahrmillionen einen tief eingeschnittenen
Durchbruch in den Gebirgsstock gegraben, um die weite Ebene des
Kreuznacher Beckens zu erreichen. In keltischer Zeit befand sich auf dem
Felsen direkt hinter dem Rheingrafenstein die Ringwallanlage "auf der
Gans" und im Mittelalter die Burg Rheingrafenstein mit direktem Blick
auf die viel tiefer liegende, weniger als einen Kilometer entfernte
Ebernburg, die berühmte "Herberge der Gerechtigkeit". Die in Bad
Münster am Stein sprudelnden Solequellen wurden nach alter
Überlieferung schon vor dem Jahre 1500 als "Badebronnen" genutzt, also
lange bevor sich das Städtchen zu einem weltbekannten Badekurort entwickelte.
Früher diente das Solewasser jedoch hauptsächlich der
Kochsalzgewinnung, die in mehreren Schritten ablief. Die Sole, wie sie
aus den Quellen ans Tageslicht tritt, schmeckt wohl recht salzig, der
Salzgehalt liegt aber tatsächlich nur bei 1.3 Prozent. Zu wenig, um die
Sole direkt zur Salzgewinnung verwenden zu können. Deswegen wurde
die Sole mehrmals auf die "Gradierwerke" gepumpt und rieselte von
dort, nach einem sinnvollen Plan, an den darin aufgeschichteten Dornenwänden
herunter ("Salinen"). Bei jedem dieser Durchläufe verdunstete
ein Teil des Wassers und der Salzgehalt nahm zu. Wenn dann ein
Salzgehalt von 15 bis 20 Prozent erreicht war, wurde die jetzt
"sudwürdige" Sole in die Sudpfannen geleitet und solange gekocht, bis
sich die Salzkristalle vollständig am Boden abgesetzt hatten.
Die Gegend um Bad Münster am Stein ist aber auch aus geologischer
Sicht sehr interessant, denn hier ist die Geologie zum "Anfassen" nahe.
Vor 35 Millionen Jahren, im Zeitalter des
Oligozän,
brach der Oberrheingraben ein und die Region wurde durch ein flaches
subtropisches Meer überflutet, das Verbindungen zum offenen Ozean im
Norden und Süden von Mitteleuropa hatte. Die Küstenlinie verlief am
südlichen Rand der Hunsrücker Devonschichten mit seichten Buchten
bei Bad Sobernheim und Bad Kreuznach, während südlich von Bad
Kreuznach ein Inselarchipel aus den harten Rhyolith-Schollen entstand,
mit Halbinseln (Lemberg, Vorholz), kleinen Inseln (Rheingrafenstein,
Eichelberg,
Steigerberg)
und dazwischen liegenden weiten Buchten
(Feilbingert, Weinsheim). Zu jener Zeit waren der Rheingrafenstein und der
Rotenfels
die höchsten Erhebungen eines ufernahen Inselarchipels.
Der wenige Kilometer naheaufwärts bei Oberhausen gelegene Lemberg
bildete eine Halbinsel und gehörte somit schon zum Festland. Heute ist
das Gebiet des Lembergs mit 100'000 ha ein großes Naturschutzgebiet.
Ähnlich wie der Hellberg bei
Kirn
ist der Lemberg vor 285 Millionen Jahren im Zeitalter des
Perm
als gewaltiger
Intrusionsblock
entstanden. Dieser äußerst harte Intrusionsblock wurde im Verlaufe der
nachfolgenden Jahrmillionen durch Verwitterung und Abtragung
freigelegt und hat als "Härtling" bis zum heutigen Tage überdauert. Sein
hartes Gestein besteht aus Dazit, das etwas dunkler ist als der Rhyolith
des Rheingrafensteins, den Witterungseinflüssen weitgehend trotzt und
daher nur sehr langsam in eine riesige Geröllschutthalde zerfällt. Das
besondere Mikroklima in der Umgebung des Lembergs —es ist warm
und ausgesprochen niederschlagsarm— lässt südeuropäische Pflanzen
gedeihen. Zu den schützenswerten und seltenen Pflanzen zählen
Bergsteinkraut,
Goldlack, Felsenfingerkraut, Mauerpfefferarten,
Felsenahorn, Blutroter Storchenschnabel, Alpenhellerkraut,
Diptam,
Florentiner,
Habichtskraut und Grasnelke. Auf der steilen Nordseite
zeigt sich die Flora von ihrer schönsten Seite mit einmaligen Moosen,
Flechten und Orchideen. Bei klarem Wetter hat man vom Lemberg einen
unvergleichlichen Blick hinunter ins Nahetal mit den ausgedehnten
Weinbergen von Schloßböckelheim (im Jahre 824 erstmals urkundlich
erwähnt) hinüber zum
Disibodenberg,
sowie über weite Teile des Hunsrücks bis hin zum
Erbeskopf.