Grafschaft und Kloster Sponheim
Um die Jahrtausendwende beginnt im Nahe-Hunsrück-Raum die
faszinierende Geschichte der "reichsunmittelbaren" Grafschaft
Sponheim. Zu diesem Zeitpunkt gehörte die gesamte Region zum
Reichsgut der Salier. Damit waren die salischen Könige und Kaiser
insbesondere auch die Oberherren des sogenannten Nahe-Amtes. Graf
Eberhard von Nellenburg, der aus der Nähe von Stockach am Bodensee
stammte und über beträchtlichen Einfluss bei den Saliern verfügte,
erbaute in den Jahren 1044-1047 auf einem landschaftlich sehr reizvoll
gelegenen Hügel in der Nähe der Burg Sponheim eine Kirche, die kurze
Zeit später zu einem Chorherrenstift ausgebaut wurde, dem Kloster
Sponheim. Etwa zur gleichen Zeit entstand in Speyer, weniger als 50
Kilometer entfernt, der Kaiserdom im romanischen Stil als Grablege der
Salier (im Jahre 1061 vollendet). Im selben wuchtigen Baustil ist auch die
Sponheimer Klosterkirche gehalten. Im Jahre 1124 stifteten Graf
Meginhard von Nellenburg und seine Ehefrau
Mechthild von der Mörsburg
bei Wiesendangen (Schweiz) das Benediktinerkloster Sponheim
und übergaben es zusammen mit den von ihnen gestifteten Besitztümern
an den Erzbischof von Mainz. Die Sponheimer, wie sich die Erben der
Grafen von Nellenburg nach ihrer Burg im Ellerbachtal jetzt nannten,
beherrschten den Nahe-Hunsrück-Raum in den folgenden
Jahrhunderten. Dies vor allem dank ihrer Machtposition bei den Saliern
und deren Erben, den Staufern. Zwischen 1223 und 1230 erfolgte die
Aufteilung der reichsunmittelbaren Grafschaft Sponheim in die "Hintere
Grafschaft" mit Sitz auf der Grevenburg bei
Trarbach
und in die "Vordere Grafschaft" mit Sitz auf der Kauzenburg oberhalb von
Bad Kreuznach.
Damit verlor die Stammburg Sponheim ihre frühere
Bedeutung. Nach weiteren Erbstreitigkeiten ging die Burg 1329 in den
Besitz des Klosters Sponheim über. Nach dem Aussterben der beiden
Sponheimer Linien im Jahre 1437 fiel 1444 ein großer Teil der Grafschaft
an Nahe und Mosel sowie auf dem Hunsrück an den Wittelsbacher
Pfalzgrafen Stephan von Zweibrücken.
Die heutige Klosterkirche St. Martin entstand in zwei Bauperioden im 12.
und 13. Jahrhundert. Ihr Grundriss bildet ein griechisches Kreuz mit
gleichlangen Armen. Überragt wird der aus unverputzten
Sandsteinquadern errichtete Bau von einem achtseitigen Turm, der das
wuchtige Aussehen der Anlage noch weiter unterstreicht. Im Innern
wirkt die Kirche weit weniger wuchtig, bemerkenswert ist vor allem die
Leichtigkeit, mit der die Vierungskuppel von einem Viereck in ein
Achteck übergeht. Die Klosterkirche wird deshalb wohl zu Recht als das
bedeutendste Bauwerk des Nahegebietes bezeichnet. In den Jahren 1483-1506
war mit
Johannes Trithemius
ein herausragender humanistischer
Gelehrter Abt von Sponheim. Er gilt als eine der Schlüsselfiguren des
ausgehenden Mittelalters und als Wegbereiter der dann beginnenden
Renaissance. Von ihm stammt eine umfassende Chronik des Klosters
(Kopiar aus dem Jahre 1491), die erste Bibliographie der Weltliteratur
sowie eine wissenschaftliche Bibliothek mit mehr als 2000 Bänden
griechischer, lateinischer und hebräischer Schriften. Dieser für die
damalige Zeit herausragende wissenschaftliche Fundus machte
Sponheim für kurze Zeit zu einem Zentrum der wissenschaftlichen Welt
und hatte einen nicht enden wollenden Strom von berühmten Besuchern
zur Folge. Mit dem Weggang von Trithemius nach Würzburg endete
diese glanzvolle Epoche des Klosters Sponheim. Im Zuge der
Reformation wurde das Kloster dann im Jahre 1565 durch den
Landesherren Friedrich III. von Kurpfalz säkularisiert. Eine
Neugründung erfolgte aber während des Pfälzer Erbfolgekrieges (1688-1697)
unter französischer Besatzung. Im Jahre 1802 wurde die Abtei
Sponheim dann definitiv durch den französischen Staat aufgehoben und
aller Besitz zugunsten der Staatskasse versteigert. Der heutige Zustand
geht auf Erneuerungsarbeiten in den Jahren 1868-1870 und 1962-1969
zurück. Als der bedeutendste romanische Bau des Nahe-Hunsrück-Raumes
steht die Klosterkirche mit den Resten der Klosteranlagen unter
Denkmalschutz. Seit 1921 wird zudem der Titel eines "Abtes von
Sponheim" durch den Papst ehrenhalber verliehen.
Beschäftigt man sich etwas näher mit der
Geschichte
des Naheraumes und seinen Kulturdenkmälern, so ist beklemmend zu sehen, wie
Egoismen, territorialpolitische Streitigkeiten und
Erbauseinandersetzungen fast aller weltlicher und kirchlicher Fürsten
das Geschick einer ganzen Region über Jahrhunderte ausgesprochen
negativ beeinflusst haben. Das Volk, die hörigen Untertanen, hatte dabei
nie mitzureden, sondern nur die verordneten regelmäßigen und besonderen
Abgaben und Dienste zu leisten, oder auf Geheiß des
Landesherren in den Krieg zu ziehen. Die gesetzliche Grundlage dieser
"Ständischen Gliederung" der Bevölkerung geht auf das Volksrecht der
salischen Franken ("Lex Salica") aus dem 6. Jahrhundert zurück, das in
nahezu unveränderter Form während fast 1000 Jahren die
Lebensbedingungen im Nahetal und im Hunsrück bestimmte.